Hochsensibilität – Hochsensibel, bloß empfindlich?
Dies ist der erste Teil einer dreiteiligen Reihe über Hochsensibilität. In diesem Beitrag stellt Julia Russau vor, was Hochsensibilität ist und welche besonderen Eigenschaften hochsensible Menschen aufweisen können. Dabei interessiert sie auch der Zusammenhang zwischen Hochsensibilität und sozialen Berufen. (Februar 11, 2014 )
In Teil 2 beschäftige sich J. Russau sich mit der Erziehung hochsensibler Kinder. Und in Teil 3 gibt sie 8 Tipps, die hochsensiblen Menschen (und ihren Angehörigen) nützlich sein können.
Hochsensibilität – ein Leben zwischen vielen Reizen
In unserer reizüberfluteten Welt ist es nicht immer leicht sensibel oder empfindlich zu sein. Gerade in westlichen Kulturkreisen wird »Sensibilität« oft mit Eigenschaften verknüpft, denen schnell ein negatives Image anhaftet. Wird jemand als »sensibel« beschrieben, denkt man gerne an Empfindlichkeit, Labilität oder Gefühlsduselei – die in Gegensatz zu Stärke, Charakterfestigkeit und Vernunft gesetzt werden. In Fernsehserien ist es seit geraumer Zeit üblich, Helden zu kreieren, die durch ihre überdurchschnittlichen, teilweise auch sensiblen, Gaben auffallen – man denke z.B. an »Monks« Handbewegungen – die aber gleichzeitig immer auch etwas Tragisches, Seltsames und Gescheitertes an sich haben.
Der Begriff »Hochsensibilität«, wie er sich eingebürgert hat und wie Frau Russau ihn auch hier verwendet, ist etwas unglücklich gewählt. Und auch über den englischen Begriff Highly Sensitive Person (HSP) kann man sich streiten.
Genau genommen ist Hochsensibilität eine Form von Intelligenz, sodass sie am ehesten als eine spezifische Ausprägung von Hochbegabung gewertet werden kann. Nicht selten kommt es vor, dass Menschen mit »klassischer« Hochbegabung gleichzeitig auch hochsensibel sind – genauso verhält es sich umgekehrt. Ein gutes Buch zu diesem Thema hat Andrea Brackmann (2005) geschrieben: »Jenseits der Norm – hochbegabt und hoch sensibel?«.
Das Nervensystem Hochsensibler ist anders konstituiert – sie nehmen ihre Umwelt vielfältiger und detailreicher wahr
Hochsensible Menschen weisen ein sehr hohes Maß an Fähigkeiten und Eigenschaften auf, die der sozialen und emotionalen Intelligenz zugeordnet werden. Sie sind auf diesen Gebieten also überdurchschnittlich begabt. Hochsensible verfügen über eine besonders differenzierte Sinneswahrnehmung und eine ausgeprägte Fähigkeit zum Perspektivenwechsel.
Genauso, wie es der begabte Maschinenbauingenieur versteht, aus einer technischen Zeichnung eine leistungsfähige Maschine zu entwickeln, bei der alle Bauteile perfekt zueinander passen, verstehen es Hochsensible besondern gut, die Stimmungen, Empfindungen und Motive ihrer Mitmenschen nachzuvollziehen – selbst wenn diese unausgesprochen sind – sie in Beziehung zueinander zu setzen und sie im sozialen Umgang angemessen zu berücksichtigen. Gleichzeitig haben HSP ein überdurchschnittlich hohes Gespür für ihre eigenen Gefühle und Motive.
Hochsensibilität ist ein weites Feld. Genauso vielfältig wie das Innenleben eines hochsensiblen Menschen ist, genauso vielfältig können auch die Begabungen sein, die hochsensible Persönlichkeiten entwickeln. Festzustellen ist: Das Nervensystem hochsensibler Menschen ist anders konstituiert als das von Nicht-Hochsensiblen, wodurch sie auf emotionaler und sensorischer Ebene besonders empfänglich sind. Hochsensible nehmen zwar nicht mehr Informationen auf als andere Menschen, diese Informationen werden jedoch deutlich weniger gefiltert, sodass viel mehr Details ins Bewusstsein gelangen, wahrgenommen und verarbeitet werden. Gleichzeitig weisen Hochsensible eine höhere Erregbarkeit und Aktivität jener Gehirnregionen auf, die für die Sinnesverarbeitung bedeutsam sind. Es ist davon auszugehen, dass genetische Faktoren bei der Ausprägung von Hochsensibilität eine wichtige Rolle spielen.
Hochsensibilität ist keine Fertigkeit, die man hinzufügen und nach Belieben wieder abstellen kann. Hochsensibilität ist ein körperliches und geistiges Potential, mit dem ein Mensch geboren wird, ebenso wie es dem begabten Mathematiker in die Wiege gelegt wurde, die Welt bevorzugt in Zahlen zu denken. Oder der Sängerin, eine schöne Stimme zu haben. Wie der/die Einzelne seine Begabung umsetzen kann (oder nicht), steht auf einem anderen Blatt.
Nicht jeder oder jede Hochsensible muss mit seinem/ihrem Verhalten und seiner/ihrer Begabung in besonderem Maße hervorstechen. Hochsensibilität kann bedeuten, anderen Menschen im alltäglichen Leben mit einer besonderen Empfindsamkeit und Empathie zu begegnen – ohne etwas sichtbar Außergewöhnliches zu leisten. Hochsensible können gute Zuhörer sein, sie können Menschen sein, denen andere gerne ihr Herz ausschütten, sie können bevorzugte Ratgeber, Mentoren oder einfühlsame Eltern sein.
Darüber hinaus kann sich Hochsensibilität auf viele verschiedene Arten zeigen, z.B.:
- Einige hochsensible Menschen haben ein besonderes Gefühl für Beziehungen. Sie betreten einen Raum und sind in kurzer Zeit in der Lage die Stimmungen, Beweggründe und Beziehungsmuster der anwesenden Personen zu erfassen, selbst wenn es sich um fremde Personen handelt.
- Einige Hochsensible haben ein authentisches Gespür für die Natur. Sie sind besonders geschickt im Umgang mit Tieren oder Pflanzen und verspüren eine untrügliche Verbindung zu ihrer natürlichen Umwelt.
- Einige Hochsensible sind besonders empfindsam für Berührungen. Sie erspüren mit ihren Händen kleinste Verspannungen oder Knoten unter der Haut von Patienten oder sie fühlen energetische Spannungen und Störungsfelder, die in der Luft liegen.
- Einige Hochsensible haben ein besonders buntes Innenleben. Sie fallen auf, weil sie ein Übermaß an Phantasie und Kreativität besitzen und ihre Umwelt jeden Tag aufs Neue mit ihrem Ideenreichtum überraschen.
- Einige Hochsensible haben ein hervorragendes Gedächtnis für vergangene Erlebnisse, Stimmungen und Bilder. Sie sind besonders sensibel im Umgang mit historischen Entwicklungen oder persönlichen Biographien.
- Einige Hochsensible haben eine ausgeprägte musikalische oder künstlerische Ader. Sie verstehen es, mit ihrer Musik die Menschen zu berühren oder Emotionen und Erfahrungen so mit der Kamera einzufangen, dass sie für andere erlebbar werden.
- Einige Hochsensible haben eine besondere Geduld mit Menschen in Krisensituationen. Sie sind warmherzige Begleiter und Unterstützer, z.B. während einer schweren Krankheit, oder sie erleichtern es Sterbenden, vom Leben Abschied zu nehmen.
Hochsensibel: Wie finde ich es heraus?
Hochsensible haben einen „sechsten Sinn“ – sie sind besonders einfühlsam im Umgang mit Menschen, Tieren und der Natur
Im Gegensatz zur »klassischen« Hochbegabung oder Formen von Inselbegabung, bei denen Menschen durch ihre besonderen kognitiven Fähigkeiten auffallen, lässt sich Hochsensibilität schwerer erkennen oder messen. Im Allgemeinen unterscheidet man acht Formen von Intelligenz – standardisierte Intelligenztests erfassen jedoch gerade einmal vier davon, wobei in diesen Tests besonders die logisch-mathematische Intelligenz im Mittelpunkt steht. Um emotionale oder soziale Intelligenz messbar zu machen, bräuchte es deutlich mehr Aufwand und verschiedenster psychologischer Tests und Experimente.
Der Ort, an dem sich Hochsensibilität am deutlichsten zeigt und beweist, ist die Lebenspraxis selbst. Leider ist dies auch der Ort, an dem Hochsensibilität am meisten unerkannt bleibt, vor allem, da Hochsensibilität – neben ihren Vorzügen – auch »Herausforderungen« mit sich bringen kann, die im alltäglichen Zusammenleben zu Konflikten führen können (siehe hierzu weiter unten in diesem Beitrag). Viele Hochsensible leben seit ihrer frühesten Kindheit in dem Glauben, dass mit ihnen »irgendetwas nicht stimmt«, bzw. dass sie sich von anderen Menschen unterscheiden – ohne, dass sie wüssten, warum. Da ihr Verhalten leicht falsch interpretiert werden kann, sehen sich Hochsensible oft damit konfrontiert, als abweichend und »nicht normal« zu gelten. Gerade das Gefühl »normal sein zu wollen«, aber gleichzeitig zu spüren, dass man dieses Ziel nie erreichen wird, kann für empfindsame Menschen zu einer inneren Zerreißprobe werden.
Meist sind es die Hochsensiblen selber, die – nach langer Suche – herausfinden, was in ihnen vorgeht und »wer« sie eigentlich sind. Es sind Schlüsselerlebnisse, wie z.B. das Treffen anderer Hochsensibler, die Geburt eines hochsensiblen Kindes, ein Artikel in einer Zeitschrift oder eine berufliche Neuorientierung, durch die sich Hochsensible plötzlich bewusst werden, warum sie sich manchmal so »anders« fühlen, warum sie missverstanden werden oder warum sie an einer unerträglichen Reizüberflutung leiden, die sie nur schwer steuern können. Die meisten Hochsensiblen berichten von einer großen Erleichterung, sobald sie einen Begriff für das kennen, was sie ausmacht und sobald sie begreifen, dass ihre vielfältigen Wahrnehmungen und Empfindungen nicht auf Krankheit oder Einbildung beruhen. An diesem Zeitpunkt der Selbsterkenntnis können bereits dreißig, fünfzig oder mehr Lebensjahre vergangen sein.
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Hochsensible Menschen in sozialen Berufen
Es verwundert nicht, dass Hochsensible bevorzugt Berufe wählen, bei denen sie glauben, dass sie ihre sozialen und emotionalen Stärken besonders gut einbringen können. Unter Lehrern, Sozialarbeitern, Erziehern, Ärzten, Therapeuten oder Beratern finden sich überproportional viele Menschen mit hochsensibler Persönlichkeit. Ist ihre Hochsensibilität mit anderen Intelligenzen vergesellschaftet (z.B. musischer, praktischer, sprachlicher oder logischer), können sie Pianisten, Tänzer, Schriftsteller, Schauspieler oder Manager sein. In früheren Kulturen fanden sich Menschen mit hochsensiblen Eigenschaften gehäuft in Positionen von Heilern, Ratgebern, Priestern oder Sehern wieder.
Schätzungen zufolge weisen ca. 10 – 20 % aller Menschen hochsensible Persönlichkeitsmerkmale auf. Angesichts dieser recht hohen Zahl und den beruflichen Neigungen von HSP ist davon auszugehen, dass auch in sozialen Organisationen und Berufen eine bedeutende Zahl an hochsensiblen Menschen arbeitet. Da Hochsensibilität bislang wenig erforscht ist, sie erst seit jüngster Zeit diskutiert wird und sie daher noch keine umfassende gesellschaftliche Akzeptanz besitzt, ist zu vermuten, dass viele der hochsensiblen Pädagogen, Sozialarbeiter, Erzieher, Berater oder Therapeuten ihr hochsensibles Potential nicht oder nur unzureichend in ihr Berufsleben integrieren können – auch deshalb, weil sie sich selber noch gar nicht als hochsensibel erkannt haben.
Stärken und Herausforderungen von Hochsensibilität
Hochsensible Menschen können das Berufs- und Privatleben mit ihren Stärken bereichern. Zum Beispiel, weil sie…:
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besonders empathisch und respektvoll im Umgang mit Menschen sind und ihnen helfen, die richtigen Entscheidungen für die Zukunft zu treffen.
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Dinge wahrnehmen, bevor sie »passieren«, und so sich selbst und andere rechtzeitig warnen können.
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eine gute Menschenkenntnis besitzen und schnell merken, wie andere »ticken«.
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besonders gut antizipieren können und somit realistische Visionen schaffen.
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tiefe und vertrauensvolle Beziehungen aufbauen können, die langfristig Bestand haben.
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dem Team eine wertvoll Stütze sind und darauf achten, dass es den Kollegen körperlich und seelisch gut geht.
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eine sehr hohe Engagementbereitschaft, Gewissenhaftigkeit und Begeisterungsfähigkeit aufweisen.
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intuitiv vorgehen und ein gutes Gespür für unerkannte Lösungen und Wege haben.
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ganzheitlich und systemisch denken und so in der Lage sind, Brücken zwischen vormals unverbundenen Teilen zu bauen.
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ein ausgeprägtes Langzeitgedächtnis haben und Details nicht vergessen.
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diplomatisch vorgehen und versuchen, ihre Entscheidungen fair zu gestalten.
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darauf bedacht sind, eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen.
Hochsensible sind anfälliger für Reizüberflutung und Stress
Wo es Hochsensiblen ermöglicht wird, sich einzubringen und wo sie es gelernt haben, mit ihren Stärken umzugehen, können sie mit ihrer Feinfühligkeit einen wichtigen Beitrag für sich und die Gemeinschaft leisten. Hochsensibel zu sein bedeutet jedoch nicht automatisch, ein guter und unkomplizierter Mensch zu sein.
Leider hat auch die Hochsensibilität ihre »Herausforderungen« – gerade im Berufsleben – die (für beide Seiten) nicht immer leicht zu bewältigen sind. Zu diesen Herausforderungen gehören zum Beispiel:
Hochsensible Menschen erleben die Welt in all ihren Extremen. Haben sie nicht gelernt, sich zu distanzieren, neigen sie dazu, sich für alles und jeden verantwortlich zu fühlen. Es fällt ihnen schwerer, Abstand zu wahren und »Nein« zu sagen.
Viele hochsensible Menschen lassen sich gerne von anderen vereinnahmen. Sie merken schnell, wie andere »ticken« und versuchen, sich dieser Norm anzupassen, um es der Gruppe recht zu machen. Darüber vergessen sie ihre eigenen Bedürfnisse.
Hochsensible Menschen bevorzugen Führungspersonen, die aufgrund ihres Verhaltens und Handelns zu Autoritäten werden. Da Hochsensible kleinste Unstimmigkeiten im Verhalten anderer wahrnehmen, tun sie sich schwer mit Führungspersonen, die sie allein aufgrund einer Position oder Herkunft als Autoritäten akzeptieren sollen.
Viele Hochsensible haben ein ausgeprägtes ganzheitliches und systemisches Denken und sind sehr phantasievoll. Es fällt ihnen schwer, Routinen abzuarbeiten oder monotone Arbeitsabläufe auszuführen.
Viele Hochsensible kommen mit willkürlichen Entscheidungen oder starren organisationalen Strukturen nicht zurecht, selbst wenn diese minimal sind. Wo andere Menschen organisationale Strukturen oder Ungerechtigkeiten ignorieren und sich »irgendwie damit abfinden« können, laufen Hochsensible Gefahr, an ihnen zu zerbrechen. Viele Hochsensible bevorzugen als Berufsform die Selbstständigkeit.
Hochsensible Menschen neigen dazu, die Dinge sehr genau zu nehmen oder Worte auf die »Goldwaage« zu legen. Auch wenn sie (aus ihrer Sicht) bloß das Nötigste tun, wirken sie auf andere Menschen mitunter penibel, überkorrekt oder perfektionistisch.
Viele hochsensible Menschen mögen es, wenn Dinge gut geplant und organisiert sind. Sie legen großen Wert darauf, dass Menschen konsequent und verlässlich sind und sich an getroffene Vereinbarungen und Versprechen halten.
Hochsensible Menschen neigen dazu, finanziellen und materiellen Gütern weniger Wert beizumessen. Stattdessen bevorzugen sie Berufswege, in denen sie sich verwirklichen können und bei denen sie das Gefühl haben, etwas sinn- und wertvolles zu tun. Dadurch laufen sie schneller Gefahr, in finanzielle Existenznöte oder berufliche Sinnkrisen zu stürzen.
Hochsensible Menschen – insbesondere die »Unerkannten« – haben Schwierigkeiten zu erkennen, wenn sich ihre eigenen Wahrnehmungen von denen der anderen Menschen unterscheiden. Sie neigen z.B. dazu, verborgene Dinge anzusprechen, als wären sie allgemein bekannt oder sie knüpfen an Gespräche, die etliche Wochen zurückliegen, ohne den anderen in Kenntnis zu setzen, worauf sie sich beziehen. Dass dies zu Missverständnissen führen kann, liegt auf der Hand.
Hochsensible Menschen neigen dazu ruhig, reserviert und introvertiert zu wirken, auch wenn sie eigentlich das genaue Gegenteil davon sind. Viele HSP haben gelernt, dass sie Missverständnissen nur dann vorbeugen können, wenn sie zurückhaltend sind und ihre wahre Persönlichkeit verstecken (soziale Introversion). Sie blühen erst auf, wenn sie sich in vertrauter Gesellschaft befinden.
Hochsensible Menschen können zu unerwarteten Gefühlsausbrüchen und Körperreaktionen neigen. Sie fangen an zu weinen, wenn sie nervös sind, oder geraten in Atemnot, wenn sie unter Zeitdruck stehen. Schon auf kleine Auslöser (z.B. eine Beleidigung, scharfgewürzte Speisen, Etiketten in Kleidungsstücken) können sie mit körperlichen Schmerzen reagieren.
Hochsensible Menschen reagieren hochempfindlich auf Lärm, Hektik, Licht oder fehlende Schlaf-, Entspannungs- und Bewegungszeiten. Sie müssen besonders darauf achten, sich ausgewogen zu ernähren, ihrem Körper ausreichend Vitalstoffe zuzuführen und regelmäßige Erholungsphasen einzuhalten. Es lässt sich medizinisch nachweisen, dass HSP schon geringe Unstimmigkeiten in ihren Blutwerten wahrnehmen und auf diese mit Krankheitssymptomen reagieren. Viele HSP reagieren überempfindlich auf Koffein, Alkohol und Medikamente.
Hochsensible Menschen sind besonders gefährdet für neuronale und stressbedingte Krankheiten. Sie erkranken vergleichsweise häufiger an Migräne, Restless Leg oder Cortisolmangel (Nebennierenschwäche, Adrenal Fatigue) und dem daraus resultierenden Burn Out-Syndrom. Gerade hochsensible Frauen sind besonders anfällig für Disharmonien in ihrer vitalstoffbedingten und hormonellen Balance (z.B. Progesteronmangel, Vitamin B-Mangel, PMS).
Hochsensibel – Alles anders?
Natürlich sind Dinge wie z.B. weniger Stress, regelmäßige Erholung, Fairness oder gute Kommunikation, auch für »normal«sensible Menschen unbedingt erstrebenswert. Und sicher findet sich auch der ein oder andere Nicht-Hochsensible in den o. g. Stärken und Herausforderungen wieder. Hochsensible sind keine Lebewesen von einem anderen Stern und sie brauchen auch bestimmt keine artgerechte Haltung. Es sollte berücksichtigt werden (sowohl von Hochsensiblen selbst, als auch von ihren Mitmenschen), dass es hochsensiblen Menschen deutlich schwerer fällt und mehr Anstrengung abringt, sich gegen die Vielzahl an äußeren Reizen und inneren Eindrücken zu wappnen. Selbst bei normaler Arbeitsatmosphäre und alltäglicher Kommunikation können Hochsensible bereits so viele Reize verarbeiten und Details aufnehmen, dass sie an ihre Grenzen stoßen.
Treffen Hochsensible auf Akzeptanz und haben sie es gleichzeitig gelernt, mit ihren Ressourcen zu haushalten (sehr wichtig!), können sie mit ihren Fähigkeiten eine immens wichtige Stütze für einzelne Personen und für die Gesellschaft sein. Ist dies gewährleistet, bestehen in der Regel keine nennenswerten Unterschiede zwischen einem hochsensiblen und einem weniger sensiblen Zusammenleben.
Das Erkennen der eigenen hochsensiblen Persönlichkeit und das Erlebnis, schon als Kind akzeptiert zu werden, sind wichtige Bausteine, für ein späteres zufriedenes Leben. In Teil 2 widmet sich Frau Russau deshalb der Entwicklung und Erziehung hochsensibler Kinder und was es für Eltern bedeutet, mit einem hochsensiblen Kind zusammenleben.
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Du erkennst dich (oder eine andere Person) als hochsensibel wieder und möchtest mehr über Hochsensibilität wissen? Dann schau dich auch hier um:
Informations- und Forschungsverbund Hochsensibilität e.V.
The Highly Sensitive Person – Website von Elain Aron
Zart besaitet – Verein zur Förderung hochsensibler Menschen
Weiterführende Literatur:
Aron, Elaine (2005): Sind Sie hochsensibel? Wie Sie Ihre Empfindsamkeit erkennen, verstehen und nutzen.
Brackmann, Andrea (2005): Jenseits der Norm – hochbegabt und hoch sensibel?
Trappmann-Korr, Birgit (2012): Hochsensitiv: Einfach anders und trotzdem ganz normal: Leben zwischen Hochbegabung und Reizüberflutung.
Julia Russau, Diplom-Pädagogin (Beitrag Anerkennung im Ehrenamt – zwischen „Tauschgeschäft“ und „Philosophie“ Veröffentlicht am 22. Januar 2012 https://seniorenforum-wuerzburg.de/anerkennung-im-ehrenamt-zwischen-%e2%80%9etauschgeschaft-und-%e2%80%9ephilosophie/ )