Hochsensible Menschen und Intuition
Das Thema Intuition ist wichtig im Zusammenhang mit Hochsensibiltät und Sozialer Arbeit. Vermutlich sollte es gemeinsam und einzeln reflektiert werden, um die für Dich stimmige Haltung dazu einzunehmen.
Was ist Intuition
Bauchgefühl, Geistesblitz, innere Anschauung, gefühltes Wissen – eine einheitliche Definition gibt es nicht.
„Ich denke, also bin ich“ mit diesem berühmten Satz formulierte der Philosoph René Descartes im 17. Jahrhundert das Weltbild, das uns seit 400 Jahren prägt.
Das rationale Denken ist das Fundament unserer Kultur. Doch dieses Weltbild beginnt kräftig zu wanken. In allen Lebensbereichen gewinnt Intuition eine größere Bedeutung, selbst da, wo man es noch kaum vermuten würde: in der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Politik. Mit der Komplexität der modernen Welt ist unser Verstand, unser rationales Denken allein überfordert.
Der Mensch weiß mehr, als er denkt…
Intuition wird unterschiedlich erfahren: als Bauchgefühl, als Gedankenblitz oder als spontaner Handlungsimpuls. Intuition kommt vom Lateinischen ‚intueri‘; das heißt: nach innen schauen.
Die Vor – und Nachteile der Intuition für Hochsensible
Hochsensible haben häufig eine stark ausgeprägte Intuition. Bevor sie aber von ihrer Hochsensibilität wussten, haben sie oft an sich gezweifelt. Intuition wird im aussen oft belächelt oder in den Bereich von Fantasy oder Esoterik geschoben. Da davon auszugehen ist, dass ein Mensch wie jeder andere, mit seinen individuellen Stärken und Schwächen ausgestattet ist, stellen folglich viele Menschen die Intuition oft in Frage und versuchen ihr auf den Zahn zu fühlen und ihr den Verstand zur Seite zu stellen.
Es besteht eine Herausforderung: Das Problem mit den Schubladen! Die Hochsensiblen unter Euch kennen das bestimmt… Ihr begegnet einer Person und habt sofort einen intuitiven Eindruck von ihr. Damit ist nicht der klassische Ersteindruck gemeint, sondern das was darüber hinausgeht… Hochsensible empfangen sofort neben den äusserlichen Merkmalen auch einen Eindruck von möglichen Eigenschaften, Interessen, Temperament etc. Und genau das, kann im Hinter-Kopf zum Einsatz kommen: Packst du diesen Menschen hier nicht grad in eine Schublade und wirst du ihm damit gerecht?
Vor allem wenn Du Deine Intuition nicht überprüfen kannst, kannst Du nicht beantworten, wieviel Eindruck wirklich Intuition war und wieviel doch ein bisschen „Schubladendenken“ ist. Kognitive Verzerrungen (cognitive bias) sind ein völlig normales kognitionspsychologisches Phänomen, was uns alle Menschen betrifft. Unser Denken hat Fehlerquellen, die uns oft nicht bewusst sind und die fast automatisch ablaufen. Sie entstehen somit oft genauso „unbewusst“ wie die Intuition!
Gut ist es, wenn Du an Deine Intuition glaubst, aber Du klar hast, dass Deine Kognition Dir Streiche spielen kann. Daher bleibst Du am besten immer ein bisschen wachsam und hinterfragst immer wieder Deine „Schubladen“.
Gute und nicht so gute Nachrichten
Die Eigenschaft des Persönlichkeitsmerkmals Hochsensibilität hat viele Vorteile, aber auch Nachteile. Hochsensibel zu sein, bedeutet oft auch, dass man sich lieber zurückhält, dass man häufig ins ich gekehrt ist, dass man das Bedürfnis verspürt, eine gewisse Zeit allein zu verbringen. Da die Mehrheit der Menschen diesen Wesenszug nicht teilt, versteht sie das Verhalten von Hochsensiblen auch nicht. Sie schätzt Hochsensible als ängstlich, schüchtern, schwach oder – die größte Sünde überhaupt – nicht als gesellig ein. Da Hochsensible diese Stigmatisierung fürchten, versuchen viele HSP so zu sein, wie die anderen. Das führt aber nur dazu, dass Hochsensible sich überdreht und ausgelaugt fühlen. Und damit bekommen hochsensible Personen wieder einen Stempel aufgedrückt (zuerst von anderen und später von uns selbst) Hochsensible werden als sonderbar oder neurotisch bezeichnet.
„Ihr großes Wahrnehmungsvermögen gegenüber Feinheiten trägt auch zu einer ausgeprägten Intuition bei, was ganz einfach bedeutet, dass sie Informationen unbewusst beziehungsweise halbbewusst aufnehmen und verarbeiten. Das Ergebnis ist, dass sie oft etwas einfach so wissen, ohne dass Ihnen klar ist wieso. Darüber hinaus bewirkt diese Fähigkeit, dass Sie über Vergangenes und Zukünftiges mehr als andere nachdenken. Sie wissen einfach, wie die Dinge sein sollten, damit sie ihre Richtigkeit haben, oder wie etwas enden wird.“ (Zitat aus Sind Sie hochsensibel?, Elaine n. Aron, mvgverlag, 8. Auflage 2011, Seite 31)
Also haben Hochsensible aufgrund ihrer offenen Wahrnehmungskanäle sehr viel mehr Informationen zur Verfügung als ihre weniger sensiblen Mitmenschen. Während diese meist eher auf der rein mentalen Ebene kommunizieren, speist sich die Wahrnehmung hochsensibler Menschen auch aus der Ebene von Gefühl und Intuition. Die hochsensiblen Menschen sind also eigentlich die „ Mehr-Sprachigen“, die jedoch auch geneigt sind, in der Deutlichkeit ihrer Wahrnehmung und Botschaft andere zu überfordern.
Die sprichwörtliche Kreativität und die guten Ideen und Lösungsansätze hochsensibler Menschen dürfen in der Gemeinschaft, in der sie leben und arbeiten, nicht verloren gehen .
Hochsensible können sich akzeptieren, wie sie sind: Sie sind „ anders“ und können sich einen akzeptierten Platz in der Gesellschaft einfach nehmen. Hochsensible sollten sich zeigen und eigene Ideen und Bedürfnisse zu äußern. Die Hochsensiblen benötigen zudem ein Bewusstsein für ihre Stärken. Sie können häufig eine größeren Klarheit ihrem Gegenüber geben, sich selbst eindeutiger wahrzunehmen und sich weniger zu Spekulationen hinreißen zu lassen.
So ebnet sich langsam der Weg zu einer besseren Positionierung der Hochsensiblen in Gruppe oder Team, woraus sich für alle Beteiligten eine win-win-Situation ergibt.
Priesterliche Ratgeber und kriegerische Könige
„Agressive Kulturen, die gern über ihre Grenzen schauen, sich ausbreiten, einen Wettstreit führen und gewinnen, dominieren in zunehmendem Maße unsere Welt in guter und schlechter Hinsicht. Das liegt daran, dass aggressive Kulturen eher die Führung übernehmen, wenn sie mir anderen Gesellschaften zusammentreffen“ (aus Sind Sie hochsensibel?, Elaine n. Aron, mvgverlag, 8. Auflage 2011, Seite 46)
Die glücklichsten und am längsten währenden indogermanischen Reiche bestanden immer aus zwei unterschiedlichen Arten von Menschen. Beide zusammen garantieren eine erfolgreiche Regentschaft. Elaine n. Aron benennt diese beiden Gruppen die „Priesterliche Ratgeber“ und ihre „Kriegerischen Könige“. Die Ratgeber besitzen die Weitsicht, das Wohlergehen des gemeinen Volkes im Auge zu behalten, denn von diesen ist die Gesellschaft abhängig – es bestellt die Felder und zieht die Kinder groß. Die Berater warnen aber auch vor übereilten Kriegen und vor der Ausbeutung der Umwelt.
Um die Aufgabe gut ausführen zu können, müssen die Berater ein starkes Selbstbewusstsein haben. All das Gerede der Krieger, die Berater seien nicht so gut wie sie, darf nicht beeinflussen. Krieger haben einen unerschrockenen Charakter, was durchaus Vorteile hat, aber auch Hochsensible haben ihre spezifische Art und leisten ihren Beitrag zum Wohl der Gesellschaft (aus Sind Sie hochsensibel?, Elaine n. Aron, mvgverlag, 8. Auflage 2011, Seite 47)